Viele technische und biologische Szenarien werden durch chemische Reaktionen gesteuert, die in Nanoporen und -kanälen ablaufen. Dies gilt insbesondere für Brennstoffzellen und Elektrolyseure, bei denen die Erzeugung bzw. der. Verbrauch von Wasserstoff in einem hierarchischen porösen Material stattfindet. Mit "Eingeschlossene chemische Reaktoren" gehen wir dieses Problem aus einer theoretischen Perspektive an. Ziel ist es, die wichtigsten physikalischen Mechanismen zu identifizieren, die diese Dynamik steuern, und sie zu nutzen, um die katalytische Wirkung dieser Geräte zu verbessern.
Unsere Publikationen in diesem Bereich:
The interplay of shape and catalyst distribution in the yield of compressible flow microreactors (The Journal of Chemical Physics, 2024)
Wir entwickeln ein semi-analytisches Modell für den Transport in strukturierten katalytischen Mikroreaktoren, in denen sowohl der Reaktant als auch das Produkt kompressible Flüssigkeiten sind. Mit Hilfe von Schmierung und Fick-Jacobs-Näherungen reduzieren wir die dreidimensionalen Gleichungen auf einen effektiven eindimensionalen Satz von Gleichungen. Unser Modell berücksichtigt den Effekt der Kompressibilität, Wellen in der Reaktorform und eine inhomogene katalytische Beschichtung der Reaktorwände. Wir zeigen, dass im Grenzbereich geringer Kompressibilität (z.B. Flüssigphasenreaktoren) die Verteilung des Katalysators keinen Einfluss auf die Reaktorausbeute hat, was wir experimentell verifizieren. Jenseits dieses Grenzbereichs können wir zeigen, dass die Einführung von Inhomogenitäten in der katalytischen Beschichtung und Riffelungen an den Reaktorwänden die Ausbeute verbessern kann.
Enhancement of bubble transport in porous electrodes and catalysts (The Journal of Chemical Physics, 2024)
Wir untersuchen die Bildung und den Transport von Gasblasen durch ein Modell einer porösen Elektrode/Katalysator mit Hilfe von Gitter-Boltzmann-Simulationen. Mit diesem Ansatz können wir systematisch den Einfluss einer breiten Palette von Morphologien, Strömungsgeschwindigkeiten und Reaktionsgeschwindigkeiten auf die Effizienz der Gasproduktion untersuchen. Durch die Erforschung dieser Parameter identifizieren wir kritische Parameterkombinationen, die wesentlich zu einer erhöhten Gasausbeute beitragen. Unsere Simulationen zeigen, dass es eine optimale Porengeometrie gibt, bei der der Produktausstoß maximiert wird. Bemerkenswert ist auch die Beobachtung, dass niedrigere Strömungsgeschwindigkeiten die Gasproduktion verbessern, indem sie die durch Koaleszenz hervorgerufene Ablösung der Blasen von der Elektrode/dem Katalysator nutzen.
Precision of radiation chemistry networks: Playing Jenga with kinetic models for liquid-phase electron microscopy (Precision Chemistry, 2023)
Die Flüssigphasen-Transmissionselektronenmikroskopie (LP-TEM) ist ein leistungsfähiges Instrument, um einzigartige Einblicke in die Dynamik auf der Nanoskala zu gewinnen. Die Elektronensonde kann jedoch erhebliche Strahleffekte hervorrufen, die häufig beobachtete Phänomene wie die Radiolyse der wässrigen Phase verändern. Das Ausmaß der strahleninduzierten Radiolyse kann mit Hilfe von strahlenchemischen Simulationen bewertet werden, die eine quantitative Anwendung von LP-TEM ermöglichen könnten. Leider skaliert der Rechenaufwand für diese Simulationen mit der Menge der betrachteten Reaktanten. Um die Rechenkosten zu minimieren und gleichzeitig genaue Vorhersagen zu erhalten, optimieren wir den Parameterraum für die Lösungschemie wässriger Systeme im Allgemeinen und für verdünnte HAuCl4-Lösungen im Besonderen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass sparsame kinetische Modelle die stationäre Bildung während der LP-TEM genau beschreiben können und eine praktische Voraussetzung für eine effiziente mehrdimensionale Modellierung darstellen. Wir unterstreichen, dass der demonstrierte Arbeitsablauf leicht auf jedes kinetische Modell mit mehreren Reaktionswegen verallgemeinert werden kann.
Turning catalytically active pores into active pumps (The Journal of Chemical Physics, 2023)
Wir entwickeln ein semi-analytisches Modell des selbstdiffusioosmotischen Transports in aktiven Poren, das den advektiven Transport und die inverse chemische Reaktion, die gelöste Stoffe verbraucht, einschließt. In früheren Arbeiten [Antunes et al., Phys. Rev. Lett. 129, 188003 (2022)] haben wir die Existenz eines spontanen Symmetriebruchs in vorwärts-rückwärts symmetrischen Poren nachgewiesen, der es ihnen ermöglicht, als Mikropumpe zu funktionieren. Wir zeigen nun, dass dieser Pumpübergang von drei Zeitskalen gesteuert wird. Zwei Zeitskalen charakterisieren den advektiven und diffusiven Transport. Die dritte Zeitskala hängt davon ab, wie lange ein gelöstes Molekül in der Pore verweilt, bevor es verbraucht wird. Die Einführung von Asymmetrie in die Pore (entweder über die Form oder die katalytische Beschichtung) zeigt eine zweite Art von advektionsaktivem Übergang. In asymmetrischen Poren weist die Fließgeschwindigkeit diskontinuierliche Sprünge und Hystereseschleifen auf, wenn die Parameter, die die Asymmetrie steuern, eingestellt werden. Diese Arbeit zeigt, dass Form und katalytische Strukturierung bei der Dynamik aktiver Poren miteinander verknüpft sind, und sie zeigt, wie man eine Pumpe für eine optimale Leistung konzipiert.
Pumping and Mixing in Active Pores (Physical Review Letters, 2022)
Wir zeigen sowohl numerisch als auch analytisch, dass eine chemisch gemusterte aktive Pore als Mikro- oder Nanopumpe für Flüssigkeiten fungieren kann, selbst wenn sie vorwärts-rückwärts symmetrisch ist. Dies ist aufgrund eines spontanen Symmetriebruchs möglich, der auftritt, wenn Advektion statt Diffusion der dominierende Mechanismus für den Transport gelöster Stoffe ist. Wir zeigen außerdem, dass zum Pumpen und Abstimmen der Durchflussrate eine Kombination aus geometrischen und chemischen Inhomogenitäten erforderlich ist. Bei bestimmten Parameterwerten ist die Strömung instabil, und es treten anhaltende Oszillationen mit einer einstellbaren Frequenz auf. Schließlich stellen wir fest, dass die Strömung Konvektionsrollen aufweist und somit die Durchmischung im Bereich niedriger Reynoldszahlen fördert.
Flüssige organische Wasserstoffträger (engl. Liquid Organic Hydrogen Carriers, kurz: LOHC) sind ein wichtiger Akteur im Spiel der Wasserstofftechnologie. LOHC ermöglichen die Speicherung einer großen Menge an H2 ohne die Notwendigkeit von Hochdruckbehältern, wodurch die Sicherheit und die Nutzung des darin gespeicherten H2 verbessert werden. Mit der "LOHC-Technologie" zielen wir auf eine theoretische Analyse der Lade-/Entladedynamik von H2 und damit auf eine Verbesserung dieser Prozesse ab.
Unsere Publikationen in diesem Bereich:
Heat transfer to a catalytic multiphase dehydrogenation reactor (International Journal of Hydrogen Energy, 2024)
Die Freisetzung von Wasserstoff aus flüssigen organischen Wasserstoffträgern (LOHC) erfolgt in einer endothermen Dehydrierungsreaktion, die von einer starken Volumenausdehnung begleitet wird. Dies führt zu komplexen hydrodynamischen Eigenschaften, die sich durch die Produktgasentwicklung entlang der Reaktorachse drastisch ändern. Der Wärmeübergang im katalytischen Festbett ist daher stark ortsabhängig. Um solche mehrphasigen Dehydrierungssysteme besser zu verstehen, haben wir Wärmetransportmessungen in Gegenwart der chemischen Reaktion während der Dehydrierung von Perhydrobenzyltoluol (H12-BT) und Perhydrodibenzyltoluol (H18-DBT) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass die Gesamtwärmeübergangskoeffizienten eine deutliche lokale Abhängigkeit von der axialen Koordinate aufweisen. Weiterhin wurde festgestellt, dass sich die beiden Substrate deutlich in ihrem thermischen Verhalten unterscheiden.
Basierend auf einer globalen Analyse können zwei Hauptregime im Dehydrierungsreaktor unterschieden werden:
1) Da die LOHC-Mischung hauptsächlich in der flüssigen Phase vorliegt, wird der Wärmetransport durch die Wasserstofffreisetzung dominiert und intensiviert;
2) Mit zunehmendem LOHC-Dampfanteil im Reaktor wird der Wärmetransport durch die Gasphase dominiert, was zu deutlich niedrigeren thermischen Parametern führt.
Nucleation as a rate-determining step in catalytic gas generation reactions from liquid phase systems (Science Advances, 2022)
Es ist bekannt, dass die beobachtbare Reaktionsgeschwindigkeit heterogen katalysierter Reaktionen entweder durch die intrinsische Kinetik der katalytischen Umwandlung oder durch die Geschwindigkeit der Poren- und/oder Filmdiffusion begrenzt wird. Hier zeigen wir, dass bei Gasbildungsreaktionen aus flüssigen Reaktanten die Entstehung von Gasblasen in der Katalysatorporenstruktur einen zusätzlichen wichtigen geschwindigkeitslimitierenden Schritt darstellt. Dies wird am Beispiel der katalytischen Wasserstofffreisetzung aus der flüssigen organischen Wasserstoffträgerverbindung Perhydro-Dibenzyltoluol verdeutlicht. Ein nukleationsinhibiertes katalytisches System produziert nur gelösten Wasserstoff mit schneller Sättigung der flüssigen Phase um das aktive Zentrum, während die Blasenbildung den Stofftransport in einem oszillierenden Reaktionsregime um mehr als den Faktor 50 erhöht. Die Keimbildung kann nicht nur durch Temperaturänderungen und eine Modifizierung der Katalysatoroberfläche, sondern auch durch einen mechanischen Reiz effizient ausgelöst werden. Unsere Arbeit wirft ein neues Licht auf leistungsbegrenzende Faktoren bei Reaktionen, die für die künftige grüne Wasserstoffwirtschaft von größter Bedeutung sind.
Die unterstützte ionische Flüssigphasen-Katalyse (engl.: Supported Ionic Liquid Phase, kurz: SILP) ist ein neuartiger und vielversprechender Ansatz für die heterogene Katalyse. Dieser ermöglicht es, die katalytische Verbindung in einem dünnen ionischen Flüssigkeitsfilm zu speichern, der eine hohe Stabilität (geringe Flüchtigkeit) mit einer schnellen Adsorption/Desorption von Reaktanten und Produkten aus der Flüssigphase kombiniert. In "SILP" laufen viele physikalische Prozesse gleichzeitig ab. Dementsprechend zielen wir auf eine theoretische Analyse der Dynamik eines solchen aktiven Dünnfilms ab, die es einerseits ermöglicht, das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Prozessen zu verstehen, und andererseits, das Feld der SILP-Geräte zu verbessern.
Unsere Publikationen in diesem Bereich:
Resolving the microscopic hydrodynamics at the moving contact line (Physical Review Fluids, 2022)
Die molekulare Struktur der beweglichen Kontaktlinien (engl.: Moving contact lines, kurz: MCL) und das Auftreten einer entsprechenden makroskopischen Dissipation haben die MCL zu einem Paradigma der Fluiddynamik gemacht. Durch neuartige Mittelungstechniken, die das Verschmieren von Kapillarwellen entfernen, erreichen wir eine noch nie dagewesene Auflösung bei Molekulardynamiksimulationen und stellen fest, dass sie mit der Kontinuumsbeschreibung übereinstimmen, die durch die Finite-Elemente-Methode bis hinunter zu molekularen Skalen erhalten wird. Dies ermöglicht es uns, zwischen der Dissipation an der Flüssigkeits-Festkörper-Grenzfläche (Navier-Slip) und an der Kontaktlinie zu unterscheiden, wobei letztere bei dem betrachteten eher glatten Substrat vernachlässigbar ist.
Order and information in the patterns of spinning magnetic micro-disks at the air-water interface (Science Advances, 2022)
Die Anwendung der Shannon-Entropie zur Untersuchung der Beziehung zwischen Information und Strukturen hat zu Einsichten in molekulare und materielle Systeme geführt. Die Schwierigkeit, Atome und Moleküle direkt zu beobachten und zu manipulieren, behindert jedoch die Fähigkeit dieser Systeme, als Modellsysteme für die weitere Erforschung der Verbindungen zwischen Information und Strukturen zu dienen. Hier verwenden wir als experimentelles Modellsystem Hunderte von sich drehenden magnetischen Mikroscheiben, die sich an der Luft-Wasser-Grenzfläche selbst organisieren und verschiedene räumlich-zeitliche Muster mit unterschiedlichen Ordnungsgraden erzeugen. Unter Verwendung des Nachbarschaftsabstandes als informationstragende Variable demonstrieren wir die Zusammenhänge zwischen Information, Struktur und Wechselwirkungen. Wir stellen eine direkte Verbindung zwischen Information und Struktur her, ohne explizites Wissen über Interaktionen zu verwenden. Schließlich zeigen wir, dass die Shannon-Entropie durch Nachbarschaftsabstände eine aussagekräftige Beobachtungsgröße zur Charakterisierung struktureller Veränderungen ist. Unsere Erkenntnisse sind für die Analyse natürlicher selbstorganisierender Systeme und für die Entwicklung kollektiver Roboter von Bedeutung.