Aktive Pore als Pumpe für Flüssigkeiten auf der Mikro- und Nanoskala
Erlangen, 14.12.2022 - Berechnungen und Simulationen haben gezeigt, dass schon ein einfaches, mit einem Katalysator beschichtetes Röhrchen ein Signal in einer Flüssigkeit übertragen kann, ohne dass ein elektrisches Bauteil erforderlich ist oder Teile bewegt werden müssen. Die Poren können auch als Mischer oder Pumpen in mikroskopischen Bauteilen verwendet werden. Die Erkenntnisse sind relevant für neu entstehende Techniken der Mikro-und Nanofluidik, etwa für Anwendungen in der chemischen Industrie, Katalyse, Medizin und Biotechnologie.
Wissenschaftliches Ergebnis
Die Wissenschaftler haben in ihrer Arbeit im Fachmagazin Physical Review Letters demonstriert, dass eine mit einem Katalysator versehene Pore als Mikro- oder Nanopumpe für Flüssigkeiten fungieren kann. Das Prinzip dahinter: Der Katalysator führt zur Bildung einer chemischen Substanz, die mit der Porenwand in Wechselwirkung tritt und somit Druckunterschiede zum Transport der Flüssigkeit hervorruft. Die Ergebnisse entstanden in enger Zusammenarbeit der HI ERN-Wissenschaftler Goncalo Antunes, Dr. Paolo Malgaretti und Prof. Jens Harting sowie Prof. Siegfried Dietrich vom Max Planck Institute for Intelligent Systems in Stuttgart.
Das Video zeigt die Signalübertragung bei sehr hoher Péclet-Zahl: Die Flüssigkeit kann sich nicht zu einem stabilen Zustand entspannen, und es entwickelt sich eine pulsierende Strömung mit anhaltenden Schwankungen in der Durchflussmenge. Das obere Video zeigt einen Längsschnitt, das untere Video einen Querschnitt. Durch die pulsierende Strömung wird auch die radiale Symmetrie der Pore gebrochen, wodurch die Durchmischung zunimmt.
Gesellschaftliche und wissenschaftliche Relevanz
Die aufstrebenden Technologien der Mikro- und Nanofluidik werden bereits erfolgreich für die Synthese von Mikropartikeln sowie den Transport von Biomaterialien und das Funktionieren chemischer Reaktoren eingesetzt. Die Techniken werden in der biomedizinischen Forschung genutzt, um biologisches Gewebe zu untersuchen und zu manipulieren und um neue Medikamente und Verabreichungsverfahren zu entwickeln. Darauf basierende Ansätze wie Lab-on-a-Chip und Organ-on-Chip stehen im Begriff, Medikamententests sowie die Diagnose und Behandlung von Krankheiten grundlegend zu verändern. Auch beim 3D-Druck müssen Flüssigkeiten durch Kanäle im Mikrometer-Maßstab gepumpt werden.
Bei all diesen Anwendungen müssen Flüssigkeiten auf kleinsten Skalen kontrolliert transportiert werden. Die Steuerung chemischer Reaktionen macht es zudem erforderlich, Flüssigkeiten mithilfe von Mikromischern miteinander zu verrühren, was Mikromischer und -pumpen zu zentralen Bestandteilen vieler mikrofluidischer Systeme macht.
Weitere Details
Je kleiner die Querschnitte der Kanäle, desto relevanter werden Oberflächeneffekte, die für die Entwicklung von Mikrofluidik-Anwendungen ausgenutzt werden können. Unter diesem Gesichtspunkt stellen die hier untersuchten phoretischen Phänomene einen interessanten Ansatz zur Kontrolle von Flüssigkeitsströmungen in einem Mikro- oder Nanokanal oder einer Pore dar.
Das Verhalten tritt bei Poren mit einer Größe von 100 bis 1000 Mikrometern auf, sogar dann, wenn beide Seiten der Porenöffnung symmetrisch sind. Dies ist aufgrund eines spontanen Symmetriebruchs möglich. Dieser stellt sich immer dann ein, wenn Advektion, also eine kontinuierliche, großräumige Strömung, und nicht Diffusion, die chaotische Durchmischung von Teilchen, der dominierende Mechanismus für den Transport gelöster Stoffe ist.
Original publication
G. C. Antunes, P. Malgaretti, J. Harting, S. Dietrich
Pumping and Mixing in Active Pores
Phys. Rev. Lett. (25 October 2022), DOI: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.129.188003
Contact
Dr. Paolo Malgaretti
Leader of the team "Dynamics of Confined and Chemically Reactive Fluids"
Raum 5012
Prof. Dr. Jens Harting
Head of Research Department
Raum 5011