10 Jahre HI ERN: 10 Jahre Forschung für eine klimaneutrale Industriegesellschaft
Erlangen, 12. Juli 2023 – Sein zehnjähriges Bestehen beging das Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN) am heutigen 12. Juli gemeinsam mit zahlreichen Wegbegleiter:innen und Kooperationspartner:innen. Am Hauptsitz des Institutes in Erlangen feierten die Gäste aus Wissenschaft, Wirtschaft und der Politik bisher Erreichtes und diskutierten die aktuellen wissenschaftlichen Arbeiten des Instituts.
Gegründet wurde das HI ERN im August 2013 mit dem Ziel, material- und prozessbasierte Lösungen für eine klimaneutrale, nachhaltige und kostengünstige Energieversorgung der Zukunft auf Basis erneuerbarer Energien zu erforschen und zu entwickeln. Diese Aufgabenstellung ist angesichts der dringenden Notwendigkeit einer weltweiten Energiewende aktueller denn je. Das HI ERN hat sich mit seinen wegweisenden wissenschaftlichen Beiträgen der vergangenen Jahre bereits einen Platz unter den führenden Forschungsstätten der Welt auf diesem Gebiet erarbeiten können.
Dabei profitiert das Institut, das als Außenstelle an das Forschungszentrum Jülich angegliedert ist, von der engen Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB). Das HI ERN ist seit seiner Gründung kontinuierlich gewachsen und umfasst mittlerweile acht Forschungsabteilungen mit mehr als 180 Mitarbeitenden aus über 30 unterschiedlichen Nationen. Das starke Wachstum des Institutes führte dazu, dass an insgesamt sechs Standorten in der Region Erlangen-Nürnberg an nachhaltigen Energietechnologien geforscht wird und damit entscheidende Impulse für das Gelingen der Energiewende gesetzt werden – mit regionaler, nationaler und internationaler Strahlkraft und Wirkung. Die thematischen Schwerpunkte des Instituts liegen in den Bereichen photovoltaischer Energiesysteme und innovativer Wasserstofftechnologien.
Weltrekorde und innovative Impulse für die Energiewende
Auf dem Gebiet der Photovoltaik-Forschung konnte das HI ERN spektakuläre Forschungserfolge vermelden: So hält ein Forschungsteam unter HI ERN-Beteiligung bereits seit vier Jahren den Effizienz-Weltrekord für organische Solarmodule. Im Jahr 2021 gelang es den Forschenden aus Erlangen zudem, eine Variante für Perowskit-Solarzellen zu entwickeln, die durch außergewöhnliche Stabilität hervorsticht. Perowskite gelten als die Hoffnungsträger für die Solarmodule der Zukunft – sie lassen sich einfacher, kostengünstiger und energiesparender herstellen als herkömmliche Solarzellen auf Siliziumbasis. „Neue Photovoltaiktechnologien können Silizium-PV in idealer Weise ergänzen und öffnen neue Chancen für multi-benefit Anwendungen. Flexible, leichtgewichtige, transparente und adaptive Photovoltaikfolien werden sich in der Zukunft einfach und ressourcensparend in die Landwirtschaft, Gebäudefassaden oder auch die tägliche Infrastruktur integrieren lassen“, sagt Prof. Christoph J. Brabec, Direktor am HI ERN. Innovative druckbare Solarmodule werden unter der Leitung von Forschenden des HI ERN über die Helmholtz-weite Forschungsplattform „Solar Technology Acceleration Platform for emerging Photovoltaics“ (kurz: Solar TAP) entwickelt. Die Plattform soll neue Photovoltaik-Technologien schnell und unkompliziert für Industrie, Gesellschaft und Verbraucher zugänglich machen. Außerdem wurden am HI ERN Methoden entwickelt, um die Degradation und das Ausfallrisiko von Solarmodulen im Feld modulgenauer zu prognostizieren oder um den Herstellungsprozess von modernen Solarzellen mit Hilfe von Computersimulationen zu optimieren.
Wasserstofftechnologien für die klimaneutrale Industriegesellschaft
Wasserstoff gilt als Schlüsselelement für das Gelingen der Energiewende – wenn er klimaneutral erzeugt wird. Die Leistungsfähigkeit der benötigten Konversionseinheiten, z.B. Elektrolyseure und Brennstoffzellen, basiert wesentlich auf den verbauten Hochleistungsmaterialien und deren Zusammenspiel. Genau das wird am HI ERN auf höchstem internationalem Niveau untersucht. Im neuen Forschungsgebäude des HI ERN sind seit Herbst 2021 weltweit einmalige Testanlagen für Katalysatorstress- und -funktionstests im Einsatz. Diese erlauben eine parallelisierte Testung in Verbindung mit hochaufgelöster Analytik, um Schadensszenarien aufzuklären und die Materialentwicklung zu beschleunigen. Dabei spielen vielfach datenbasierte Forschungsansätze eine Schlüsselrolle. In Kooperation mit dem HZB werden die ermittelten Zusammenhänge zwischen Struktureigenschaften der Materialien und deren Leistungsmerkmalen vertiefend untersucht und aufgeklärt. Dafür werden insbesondere röntgenspektroskopische Methoden an der Synchrotron-Anlage BESSY II in Berlin genutzt.
Die entwickelten Elektrokatalysatoren werden mit kommerziellen und im Institut entwickelten Hochleistungsmembranen zu Membran-Elektrodeneinheiten verbunden, die das Herzstück der Elektrolyse- und Brennstoffzellenstacks darstellen. Dabei spielt die Entwicklung von kostengünstigen Fertigungsverfahren für die Serienfertigung von Elektrolyseuren und Brennstoffzellen eine zentrale Rolle. Die Modellierung von Druck- und Beschichtungsprozessen erlaubt eine zielgerichtete Optimierung der Materialkombinationen und Fertigungsverfahren.
Ein weiterer Schwerpunkt am HI ERN sind Verfahren zur chemischen Wasserstoffspeicherung, oft in Verbindung mit elektrochemischen Verfahrensschritten. Die maßgeblich in Erlangen entwickelte LOHC-Technologie („Liquid Organic Hydrogen Carrier“) spielt dabei eine Schlüsselrolle und wird mit strategischen Forschungspartnern der Region (z.B. Siemens Mobility, Schaeffler, Hydrogenious LOHC Technologies) für konkrete Anwendungsszenarien weiterentwickelt. Die Arbeiten des HI ERN erfahren dabei international höchste Anerkennung. Bei der Evaluierung der programmorientierten Forschungsförderung der Helmholtz-Gemeinschaft im Jahr 2019 wurden die Erlange LOHC-Forschungsaktivitäten von der international besetzten Jury mit dem Prädikat „world-class“ gewürdigt. Die LOHC-Technologie ermöglicht die sichere und effiziente Handhabung von Wasserstoff in der vorhandenen Infrastruktur für Kraftstoffe. Die Arbeiten des HI ERN haben wesentlich zu wichtigen Demonstratoren der Technologie beigetragen, wie beispielsweise der weltweit ersten LOHC-belieferten Wasserstofftankstelle, die seit Juli 2022 in Erlangen im Regelbetrieb ist. Ein wichtiges aktuelles Projekt, das derzeit am Beispiel eines emissionsfreien Nahverkehrszugs umgesetzt wird, beschäftigt sich mit der On-board-Nutzung von LOHC-Systemen zum Antrieb von großen Fahrzeugen.
Wissenschaftliche Produktivität, Innovationskraft und Technologietransfer
Seit Institutsgründung haben die Forschenden am HI ERN über 600 wissenschaftliche Publikationen verfasst, die bis heute über 14.000 Mal zitiert wurden. Viele der Arbeiten wurden in den weltweit führenden Journalen des Gebietes wie Nature Energy, Energy & Environmental Science oder Science Advances publiziert. Die Forschenden am HI ERN wurden mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, vier Wissenschaftler des HI ERN werden von der Standford University im illustren Kreis der „Top 2% Scientists Worldwide“ geführt. Prof. Christoph Brabec, HI ERN-Direktor und Leiter der Forschungsabteilung „Hochdurchsatz Methoden in der Photovoltaik“, wird bereits zum zehnten Mal in Folge auf der Liste der meistzitierten und damit einflussreichsten Forschenden der Welt geführt, die Clarivate Analytics jedes Jahr publiziert.
Das HI ERN hat in seiner noch kurzen Geschichte bereits maßgebliche Erfolge beim Technologietransfer vorzuweisen: Über zwanzig Patentanmeldungen wurden von HI ERN-Forschenden in den letzten Jahren getätigt. Eine erste Ausgründung ist bereits international erfolgreich mit einer Produktbasis, die am HI ERN entstanden ist. Derzeit werden am Institut drei weitere Firmengründungsprojekte verfolgt, um den technologischen Erkenntnissen der Institutsforschung in der praktischen Anwendung zum Durchbruch zu verhelfen. Denn nur in Form der technologischen Umsetzung kann das beträchtliche Klimaschutz-Potenzial der Technologieentwicklungen des Instituts tatsächlich realisiert werden.
Stimmen zum Jubiläum
Prof. Karl Mayrhofer, geschäftsführender Direktor des HI ERN, blickt stolz auf die Entwicklungen des Institutes, auch abseits der wissenschaftlichen Arbeit: „Ein Meilenstein war sicherlich die Einweihung und Inbetriebnahme unseres Hauptsitzes in der direkten Nachbarschaft der FAU. Unser Dank gilt hier auch der intensiven Unterstützung der Universitätsleitung sowie den Kolleginnen und Kollegen über die gesamte Aufbauphase bis zum Einzug, unter anderem durch Bereitstellung von Laboren und Büros, welche entscheidend die erfolgreiche Entwicklung des Institutes ermöglichte. Insgesamt zeigt sich, welch exzellentes Forschungsniveau durch die konstruktive Zusammenarbeit aller Partner – also Forschungszentrum, HZB und FAU – und den Fördermittelgebern wie dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie möglich ist.“
„Wir sind sehr zuversichtlich“, ergänzt Gründungsdirektor Prof. Peter Wasserscheid, „dass wir auf dieser Basis in den nächsten Jahren mit den Forschungsergebnissen des HI ERN einen sehr substanziellen Beitrag für die Energiewende in Deutschland und der Welt leisten können.“ Wasserscheid ist auch geschäftsführender Direktor des neuen Instituts für nachhaltige Wasserstoffwirtschaft (INW) des Forschungszentrums Jülich.
Dr. Jarothe, Amtschefin des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie
„Eine nachhaltige, sichere und bezahlbare Energiezukunft lebt von Innovation und neuen Ideen: Dafür brauchen wir zukunftsweisende Forschungseinrichtungen wie das HI ERN hier in Franken, das nun schon seit 10 Jahren hervorragende Arbeit für die Energiewende sowie unseren gesamten Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort leistet.“
Prof. Joachim Hornegger, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg:
„Seit zehn Jahren forschen wir nun zusammen mit unseren Partnerinnen und Partnern aus der Helmholtz-Gemeinschaft an einer der gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit: der Energiewende. Das HI ERN bietet beste Voraussetzungen für die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus Chemie, Physik, Nanotechnologie und Werkstoffwissenschaften. Dieses Forschungsumfeld bietet und ermöglicht so Innovationen, um die erneuerbaren Energien voranzutreiben.“
Dr. Ir. Peter Jansens, Mitglied des Vorstandes, Forschungszentrum Jülich:
„Das HI ERN war in seinen ersten 10 Jahren sehr erfolgreich. Die unbestreitbaren Auswirkungen des Klimawandels und die dringende Notwendigkeit der Energiesicherheit machen deutlich, dass die Energiewende beschleunigt werden muss, und das HI ERN ist mit seiner herausragenden Solar- und Wasserstoff-Forschung für die Zukunft sehr gut aufgestellt."
Copyright: HI ERN/Giulia Iannicelli
Fakten zum HI ERN
Gründung
Im August 2013 wird das Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg für Erneuerbare Energien (HI ERN) in Erlangen als Außenstelle des Forschungszentrums Jülich gegründet. Durch die enge Kooperation mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und dem Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) werden am HI ERN die Kompetenzen der Partner im Bereich der erneuerbaren Energien gebündelt und ein entscheidender Beitrag zur Transformation der Energiewirtschaft geleistet.
Die Helmholtz-Zentren in Jülich und Berlin bringen ihre Expertise in den Bereichen Materialforschung für Solartechnologien und die Erzeugung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ein. Ein weiterer Schwerpunkt sind Systemtechnologien rund um den Wasserstoff. Die FAU bringt ihre international anerkannte Material- und Prozessforschung aus dem Exzellenzcluster Engineering of Advanced Materials (EAM) zur Erforschung und Entwicklung von Systemen für erneuerbare Energien ein.
Gründungsdirektor
Gründungsdirektor ist der mehrfach ausgezeichnete Chemiker Prof. Dr. Peter Wasserscheid. Er hat drüber hinaus den Lehrstuhl für Chemische Reaktionstechnik der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) inne und war maßgeblich an der Entwicklung der LOHC-Technologie beteiligt.
Team
Heute arbeiten in acht Forschungsabteilungen über 180 Mitarbeitenden aus mehr als 30 verschiedenen Nationen an der Verwirklichung der Forschungsziele des HI ERN in den Bereichen Wissenschaft, Verwaltung und technischem Support.
Standorte in der Metropolregion
In dem 2021 eingeweihten Hauptsitz auf dem Südgelände der FAU in Erlangen arbeiten rund zwei Drittel der insgesamt 180 Mitarbeitenden auf einer Nutzfläche von 3.200 m². Der interdisziplinäre Ansatz spiegelt sich auch im modernen Forschungsgebäude wider: Die physikalischen und chemischen Labore, dass großflächige, zusammenhängende Bereiche entstehen, in denen die disziplinübergreifende Zusammenarbeit im Sinne der Forschungsziele sichergestellt wird – im Sinne der nachhaltigen Energieversorgung künftiger Generationen. An insgesamt fünf weiteren Standorten ist das HI ERN in der Region vertreten - auf dem Erlanger Campus sowie in Nürnberg und Fürth.
Organisation
Das HI ERN ist Teil der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF). Die HGF ist mit mehr als 45.000 Mitarbeitenden und einem Jahresbudget von 5,8 Milliarden Euro die größte Wissenschaftsorganisation Deutschlands.
Finanzierung
Das HI ERN als Teil des Forschungszentrums Jülich wird zum einen aus der Helmholtz-Gemeinschaft gefördert (90 % Bundesrepublik Deutschland, 10% Freistaat Bayern), weiterhin vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie und in erheblichem Maß durch die Umsetzung von Drittmittelprojekten.
Kontakt
Prof. Dr. Peter Wasserscheid
Director and Head of Research Department Chemical Hydrogen Storage
Raum T3.94
Prof. Dr. Karl Mayrhofer
Executive Director and Head of Research Department Electrocatalysis
Raum OG3